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The Cross-Files

Cross- File #6

Ein ganz anderer Weg den Messias im Alten Testament zu entdecken, geschieht durch einen TYPUS. An vielen Gestalten im Alten Testament macht Gott seine souveräne Art zu Handeln, sein Weg mit den Menschen, seine Entscheidungen in gewissen Situationen klar. Nehmen wir alle diese bruchstückhaften Elemente zusammen ergibt sich ein Bild, das durch Jesus erfüllt wird. Es geht bei einem Typus also nicht um Details von Jesu Leben (wie etwa die Dornenkrone, stirbt am Holz auf dem Berg Moria, wird in Bethlehem geboren, o.ä.) sondern um das Wesen Gottes und die Art der Rettung. Im Buch Hosea heißt es

Hosea 12

  1. Und [immer wieder] habe ich zu den Propheten geredet, ja, ich ließ Gesichte zahlreich sein, und durch die Propheten gebe ich Gleichnisse.

Gott spricht durch zahlreiche Gesichte (unser Wort heute wäre Visionen) zu den Propheten. Und Gott gibt Gleichnisse. Nun hat Gott im Alten Testament eigentlich keine Gleichnisse erzählt, wie wir sie von Jesus kennen. Man kann dieses Wort aber auch mit Typus, Abbild, Typen oder ähnlichem übersetzten. Durch das Handeln biblischer Gestalten gibt Gott Gleichnisse, die auf seine Person hindeuten, durch das Leben der erwählten Personen zeigt er den Weg zur Rettung.

Es gibt einige herausragende Typen für Jesus, wie zum Beispiel Josef. (1.Mose 37-45 lohnt sich mal im Hinblick auf Jesus zu lesen, ). Ein kurzer Crashkurs, daß ihr wisst, was ich meine:

  1. Josef ist der geliebte Sohn des Vaters
  2. ... gehaßt von den Brüdern
  3. ... verkauft und verraten
  4. ... lag im Brunnen (3 Tage?)
  5. ... Brüder verneigen sich vor ihm in einem fernen Land
  6. Josef ist verworfen und wird erhöht.

Typus-Spezialisten sprechen von fast 100 Parallelen bei Josef auf Jesus hin. Josef ist ein Prototyp für den Messias. Hier werden Bruchstücke von Gottes Handeln vorgezeichnet.

Es gibt sehr viele solcher TYPEN im Alten Testament. Eine vielleicht ungewöhnliche ist die Liebesgeschichte zwischen Ruth und Boas, bzw. Ruth und Noomi.

Was ist Gottes größtes Werk?

Wenn wir uns darüber Gedanken machen, was das größte Werk Gottes ist, dann fällt uns wahrscheinlich die Schöpfung ein! Wenn man nach einer anstrengenden Wanderung auf dem Gipfel eines hohen Berges sitzt, oder am Meer den gewaltigen Sternenhimmel betrachtet, dann kommt man schnell zu dem Schluß: Die Schöpfung ist das gigantischste Werk Gottes.

Wieviele der 1159 Kapitel der Bibel sprechen von der Schöpfung? Wenn es hochkommt: zehn! Im 1. Buch Mose einige Kapitel und dann ein paar Psalmen! Fast der ganze Rest der Bibel erzählt davon, wie Gott die Menschen retten will!

Was hat es Gott gekostet das Universum zu schaffen?
6 Tage

Was hat es Gott gekostet die Menschen zu retten?
Seinen geliebten Sohn

Wenn wir die Bibel im Überblick betrachten, dann ist aus Gottes Sicht unsere Rettung das größte Werk.

Und unsere Rettung, Gottes Heilsplan, ist im Alten Testament bereits vorgezeichnet, besonders schön im Buch Ruth. Das Leben von Ruth ist zum einen eine historische Geschichte und reale Begebenheit, aber ihr Leben zeigt als Gleichnis Gottes (siehe die Hosea-Stelle) unseren Weg der Rettung vor.

Die Erlösung der Menschheit wird erklärt durch das Buch Ruth. Wer ist nun ein Typus für wen? Das kriegt man schnell selber heraus.

Der Boas/Ruth-Typus

Wann spielt das Buch Ruth? In der Richterzeit. Die Richterzeit ist eine der chaotischsten Zeiten der Geschichte Israels. Es gab noch keinen König und der letzte Vers im Buch Richter faßt die Situation schön zusammen:

Richter 21

  1. In jenen Tagen war kein König in Israel. Jeder tat, was recht war in seinen Augen.

Jeder hat getan, was er für richtig hielt. Das klingt unheimlich tolerant, modern und neuzeitlich, hat am Ende in Israel doch zum Chaos geführt. Es gab keine Ordnung. Die Geschichte beginnt in Bethlehem.

Ruth 1

  1. Und es geschah in den Tagen, als die Richter richteten, da entstand eine Hungersnot im Land. Und ein Mann von Bethlehem-Juda ging hin, um sich im Gebiet von Moab als Fremder aufzuhalten, er und seine Frau und seine beiden Söhne.
  2. Und der Name des Mannes war Elimelech und der Name seiner Frau Noomi und die Namen seiner beiden Söhne Machlon und Kiljon, Efratiter aus Bethlehem-Juda. Und sie kamen im Gebiet von Moab an und blieben dort.
  3. Da starb Elimelech, der Mann Noomis; und sie blieb zurück mit ihren beiden Söhnen.
  4. Die nahmen sich moabitische Frauen; der Name der einen war Orpa und der Name der anderen Rut. Und sie wohnten dort etwa zehn Jahre.
  5. Da starben auch diese beiden, Machlon und Kiljon; und die Frau blieb zurück ohne ihre beiden Söhne und ohne ihren Mann.

Es beginnt mit einer Hungersnot (in der Bibel übrigens ein Bild für Gottes Gericht) und eine Familie sieht keinen anderen Ausweg, als Israel, das von Gott gegebene Land zu verlassen und in das heidnische Moab auszuwandern, auf der Suche nach etwas Eßbarem. Moab war kein besonders geglückter Handgriff. Papa Elimelech, was soviel heißt wie Mein Gott ist König stirbt als erster. Die beiden Söhne Machlon und Kiljon nehmen sich moabitische, heidnische Frauen, was nach dem Gesetz verboten ist und sterben darauf hin. Die Namen der Söhne sind auch etwas ausgefallen, denn Machlon heißt Krank und Kiljon heißt Hinfällig.

Warum die beiden starben ist unbekannt, wahrscheinlich wurde der eine krank und der andere ist hingefallen :)
Zurück bleibt Muttern Noomi (hebr. Lieblich) und die beiden verbotenen Schwiegertöchter Orpa und Ruth. Nun ist die soziale Situation dreier Witwen in diesen Tagen nicht unbedingt der Hit gewesen, und Noomi entschließt sich nach Bethlehem zurückzukehren, auf der Suche nach etwas Brot. Bethlehem heißt dann auch Haus des Brotes. Da fällt einem doch gleich ein, wie sich der bekannteste Bethlehemer Jesus selbst einmal genannt hat (Joh 6,35 Ich bin das Brot des Lebens). Noomi fängt auf der Rückreise eine Diskussion mit den Schwiegertöchtern an und versucht sie zu überreden zu ihren Familien zurückzugehen.

Ruth 1

  1. Doch Noomi sagte: Kehrt nur um, meine Töchter! Wozu wollt ihr mit mir gehen? Habe ich etwa noch Söhne in meinem Leib, daß sie eure Männer werden könnten?
  2. Kehrt um, meine Töchter, geht! Ich bin ja zu alt, um eines Mannes [Frau] zu werden. Selbst wenn ich spräche: Ich habe [noch] Hoffnung! - wenn ich gar diese Nacht eines Mannes [Frau] werden würde und sogar Söhne gebären sollte,
  3. wolltet ihr deshalb warten, bis sie groß würden? Wolltet ihr euch deshalb abgeschlossen halten, ohne eines Mannes [Frau] zu werden? Nicht doch, meine Töchter! Denn das bittere [Leid], das mir [geschah], ist zu schwer für euch. Ist doch die Hand des HERRN gegen mich ausgegangen.
  4. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten noch [mehr]. Und Orpa küßte ihre Schwiegermutter, Rut aber hängte sich an sie.

Diese komische Debatte muß man auf dem Hintergrund des jüdischen Gesetzes sehen. Starb der Mann einer Frau, dann mußte der Bruder des Mannes sich der Frau annehmen (Leviratsehe). Deshalb sagt Noomi: "A- habe ich keinen Mann, B-Selbst wenn ich heute Nacht einen hätte müßtet ihr ewig warten bis die Jungs groß sind, und C- dann wärt ihr bereits alt und häßlich, wenn die Kinder heiratsfähig sind. Sieht schlecht aus für Euch Mädels, geht zu Euren Familien zurück". Orpa sieht das ein, verschwindet, aber Ruth stellt sich quer. Und was Ruth dann von sich gibt ist das vielleicht schönste Eheversprechen der ganzen Bibel (das könnt ihr Euch rot in der Bibel ankreuzen, für den Tag X):

Ruth 1

  1. Aber Rut sagte: Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, von dir weg umzukehren! Denn wohin du gehst, [dahin] will [auch] ich gehen, und wo du bleibst, da bleibe [auch] ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
  2. Wo du stirbst, [da] will [auch] ich sterben, und dort will ich begraben werden. So soll mir der HERR tun und so hinzufügen - [nur] der Tod soll mich und dich scheiden.

Ruth läßt Noomi nicht allein und kehrt mit ihr, als heidnische, moabitische Ausländerin in das Dorf Bethlehem zurück, das Noomi mit ihrer Familie vor vielen Jahren verlassen hat.

Ruth 1

  1. So gingen die beiden, bis sie nach Bethlehem kamen. Und es geschah, als sie in Bethlehem ankamen, da geriet die ganze Stadt ihretwegen in Bewegung, und die Frauen sagten: Ist das Noomi?
  2. Sie aber sagte zu ihnen: Nennt mich nicht Noomi, nennt mich Mara! Denn der Allmächtige hat mir sehr bitteres [Leid] zugefügt.

Das Dorf Bethlehem erweist sich hier als typisches Nest. Tratsch spricht sich herum, es wird geklatscht als die Leute Noomi erkennen. Noomi bittet darum, daß man sie nicht weiter Noomi (hebr. lieblich) nennt, sondern in Zukunft Mara (hebr. bitter).

Ruth und Noomi lassen sich in der Umgebung von Bethlehem nieder und müssen nun zusehen wie sie über die Runden kommen.

Ruth 2

  1. Und Rut, die Moabiterin, sagte zu Noomi: Ich möchte gern aufs Feld gehen und etwas von den Ähren mit auflesen hinter dem her, in dessen Augen ich Gunst finden werde. Sie sagte zu ihr: Geh hin, meine Tochter!
  2. Da ging sie hin, kam und las auf dem Feld hinter den Schnittern her auf. Und sie traf zufällig das Feldstück des Boas, der aus der Sippe Elimelechs war.

Die Geschichte mit dem Ähren-auflesen hat einen Hintergrund, den man nur verstehen kann, wenn man das langweilige Buch 3.Mose kennt. Das Ähren auflesen war das Sozialsystem Israels für die Armen und die Fremdlinge. 3.Mose 19, 9+10. Ein Bauer durfte nicht nachlesen auf seinem Feld. Was beim ersten mal liegenblieb war für die sozial Schwachen. Also gingen Ruth hinter den Knechten auf dem Feld her und las auf, was bei der Ernte liegenblieb. Dann beginnt eine typischen Lovestory. Boas, der Besitzer des Feldes besucht seine Knechte, entdeckt Ruth und stellt dem Knecht die typischen Fragen: "Wer ist sie? Woher kommt sie? Was verdient Sie?"

Ruth 2

  1. Und siehe, Boas kam von Bethlehem und sagte zu den Schnittern: Der HERR sei mit euch! Und sie sagten zu ihm: Der HERR segne dich!
  2. Und Boas sagte zu seinem Knecht, der über die Schnitter eingesetzt war: Wem gehört dieses Mädchen da?
  3. Und der Knecht, der über die Schnitter eingesetzt war, antwortete und sagte: Es ist ein moabitisches Mädchen, das mit Noomi aus dem Gebiet von Moab zurückgekehrt ist.
  4. Sie hat gesagt: Ich möchte gern mit auflesen und hinter den Schnittern her etwas von den Ähren aufsammeln. So ist sie gekommen und dageblieben. Vom Morgen an bis jetzt hat sie sich im Haus nur wenig ausgeruht.

Bevor sich Boas und Ruth begegnen passiert etwas, worauf man einmal genau achten sollte! Ein Knecht stellt die Braut dem Bräutigam vor! Das geschieht öfter im Alten Testament (z.B. Elieser bringt Rebekka zu Isaak Gen 24). Im Neuen Testament wird uns daß in einem ganz anderen Zusammenhang wieder erzählt. Welcher Knecht stellt die Braut dem Bräutigam vor?

Was ist die Aufgabe des heiligen Geistes?

Über den heiligen Geist gibt es heute viel Verwirrung! Da gibt es Gemeinden mit besonderen Geistesgaben, da steht plötzlich der heilige Geist im Mittelpunkt! Aber was ist den die Aufgabe des heiligen Geistes?

Johannes 15

  1. Wenn der Beistand gekommen ist, den ich euch von dem Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der von dem Vater ausgeht, so wird der von mir zeugen.

Der Beistand ist der Paracleto, der heilige Geist. Seine Aufgabe ist es von Jesus zu zeugen, Jesus zu bezeugen.

Johannes 16

  1. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen.
  2. Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er nehmen und euch verkündigen.

Der Heilige Geist hat die Aufgabe die Braut dem Bräutigam zuzuführen, die Gemeinde zu Jesus zu bringen. Der Heilige Geist will nicht sich selbst verherrlichen um im Mittelpunkt zu stehen, sondern er wird Jesus verherrlichen und ihn verkündigen. Der heilige Geist wirkt in mir, damit ich in meinem Leben eine immer engere Beziehung zu Jesus finde um am Ende bei ihm zu sein. Interessante Parallele!

Was tut nun Boas, nachdem er Ruth entdeckt hat? Er stellt sie seinen Angestellten gleich, behandelt sie nicht als Außenseiterin.

Ruth 2

  1. Und Boas sagte zu Rut: Höre mir zu, meine Tochter! Geh nicht zum Auflesen auf ein anderes Feld, geh auch nicht von hier fort, sondern halte dich da zu meinen Mägden!
  2. [Richte] deine Augen auf das Feld, wo man schneidet, und geh hinter den Sammlerinnen her! Habe ich nicht den Knechten befohlen, dich nicht anzutasten? Und hast du Durst, dann geh zu den Gefäßen und trink von dem, was die Knechte schöpfen.

Boas bietet ihr ein Leben auf seinem Feld an. Sie ist Fremdling, Heide, Witwe und ein Außenseiter über den sich Bethlehem das Maul zerreißt. Ruth hat keinen Anspruch auf irgendeine Sonderbehandlung. Und ihre Reaktion auf Boas Angebot weist auf den roten Faden im Buch Ruth hin, das zentrale Thema ihres Lebens und das Motiv für Gottes Handeln in unserem Leben: Gnade.

Ruth 2

  1. Da fiel sie auf ihr Gesicht und warf sich zur Erde nieder und sagte zu ihm: Warum habe ich Gunst (Gnade) gefunden in deinen Augen, daß du mich beachtest, wo ich doch eine Fremde bin?

Wir müssen verstehen, welche Möglichkeiten Ruth eigentlich für ihr Leben blieben. Nach jüdischen Gesetz war es unmöglich, daß Boas Ruth heiratet (5.Mose 7, 1-5) Ruth hatte in Bethlehem überhaupt keine Möglichkeit, da sie nicht zum Volk Israel gehörte.

Was das Gesetz nicht tun kann, wird durch Gnade möglich

Die Gnade Gottes macht möglich, was nach dem Gesetz unmöglich ist. Das war es, was Paulus im Römerbrief bewegt hat, wenn er schreibt:

Römer 5

  1. Das Gesetz aber kam daneben hinzu, damit die Übertretung überströmend werde. Wo aber die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden,
  2. damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod, so auch die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.

Was war eigentlich die Aufgabe des Gesetzes? War es möglich alle Gesetze einzuhalten? Die Bibel sagt, daß es kein Mensch geschafft hat, außer Jesus. Das Gesetz ist für uns Menschen nicht einzuhalten! Wollte Gott uns nur frustrieren? Was wäre ziemlich unfair von ihm gewesen! Evangelium heißt: Gute Botschaft! Als Jesus die Bergpredigt gehalten hat, da haben die Pharisäer sicherlich gehofft: "Gute Nachricht? - Jesus nimmt nun 7 der 10 Gebote weg". Statt dessen setzt Jesus noch was drauf: Jetzt darf ich nicht mal mehr denken ich will ehebrechen, oder denken der andere soll doch von der Brücke hüpfen! Jesus verschärft die Gebote um zu zeigen: "Im Endeffekt kann ich es alleine gar nicht schaffen!" Ich brauche seine Hilfe, seine Gnade. Das ist die Aufgabe des Gesetzes, es treibt uns Jesus in die Arme! Auch jetzt noch als Christ, wenn ich mal wieder richtig tief ins Klo gegriffen habe, wenn ich total versagt habe, dann lande ich unweigerlich wieder vor Jesu Kreuz und nehme seine Vergebung und Gnade für mich in Anspruch. Das Gesetz verurteilt mich nicht mehr, aber es treibt mich zu Jesus. Paulus schreibt das so:

Galater 3

  1. Also ist das Gesetz unser Zuchtmeister auf Christus hin geworden, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden.

Deshalb fällt Ruth auf die Knie vor Boas und dankt ihm, weil sie nach dem Gesetz nichts mehr zu erwarten hatte.

Als Ruth dann nach Hause kommt, da kommt es Noomi reichlich spanisch vor, daß Ruth so viele Ähren aufsammeln konnte. Als Noomi aber hört, bei wem Ruth auf dem Feld war, da sagt Noomi

Ruth 2

  1. Da sagte Noomi zu ihrer Schwiegertochter: Gesegnet sei er von dem HERRN, der seine Gnade nicht entzogen hat, weder den Lebenden noch den Toten! Und Noomi sagte zu ihr: Der Mann ist uns nahe verwandt, er ist einer von unsern Lösern.

Diese Zeile ist ein Schlüssel zum Verständnis des ganzen Buches Ruth: "Er ist einer von unseren Lösern." Ein Löser heißt im griechischen GOEL.

Was ist ein Goel?

Um das zu verstehen muß man wieder einmal die jüdischen Gesetze kennen. In Israel konnte man kein Land kaufen. Man konnte bestenfalls Land leasen. Ganz zu Beginn der Landnahme wurde das Land auf die Stämme und Sippen aufgeteilt. Wenn man nun sein Land aus irgendeinem Grund verkauft hat, dann gab es drei Lösungen um zu seinem Land zurückzukommen,

  1. Es zurückzukaufen,
  2. Das Jobeljahr abzuwarten oder
  3. den Goel.

Es dauerte maximal 50 Jahre bis man sein Land zurück hatte, denn es gab das Jobeljahr. (Alle 7 Jahre war ein Sabbatjahr, alle sieben Sabbatjahre = 49 Jahre war ein Jobeljahr). Was geschah nun im Jobeljahr?

3.Mose 25

  1. Und du sollst dir sieben Sabbatjahre zählen, siebenmal sieben Jahre, so daß die Tage von sieben Sabbatjahren dir 49 Jahre ausmachen.
  2. Und ihr sollt das Jahr des fünfzigsten Jahres heiligen und sollt im Land Freilassung für all seine Bewohner ausrufen. Ein Jobel[jahr] soll es euch sein, und ihr werdet jeder wieder zu seinem Eigentum kommen und jeder zu seiner Sippe zurückkehren.

So ein Jobeljahr war der absolute Hammer für ein Wirtschaftssystem. Lest ruhig mal weiter. Man konnte also ein Grundstück für maximal 49 Jahre kaufen. Je näher allerdings das Jobeljahr war, desto niedriger waren logischerweise die Grundstückspreise. Und im Jobeljahr gab es auch keine Leibeigenen mehr, weil alle Sklaven entlassen wurden. Aller Besitz ging zurück an den alten Besitzer. Die Noomi hatte wahrscheinlich nicht so viel Geld um den alten Besitz zurückzukaufen, aber sie hätte nur das nächste Jobeljahr abwarten müssen, dann hätte sie ihren Besitz wieder zurückbekommen. Aber wer weiß wie lange es noch bis zum nächsten Jobeljahr war? Aber es gab noch eine andere Lösung, den GOEL! Der GOEL, der Löser, mußte drei Bedingungen erfüllen:

  1. Er muß ein naher Verwandter sein
  2. Er muß fähig sein dich freizukaufen
  3. Er muß willens sein dich freizukaufen

Die drei Alternativen stehen nebeneinander im 3. Buch Mose:

3.Mose 25

  1. Wenn dein Bruder verarmt und [etwas] von seinem Eigentum verkauft, dann soll als sein Löser sein nächster Verwandter kommen und das Verkaufte seines Bruders einlösen.
  2. Wenn aber jemand keinen Löser hat, und seine Hand bringt auf und findet, was zu seinem Loskauf ausreicht,
  3. dann soll er die Jahre seines Verkaufs berechnen und das, was darüber hinausgeht, dem Mann zurückzahlen, an den er verkauft hat, und so wieder zu seinem Eigentum kommen.
  4. Und wenn seine Hand das Ausreichende nicht gefunden hat, um ihm zurückzuzahlen, dann soll das von ihm Verkaufte in der Hand dessen, der es kauft, bleiben bis zum Jobeljahr; und im Jobel[jahr] soll es frei ausgehen, und er soll wieder zu seinem Eigentum kommen.

Wenn man aus eigener Kraft nicht mehr zahlen konnte und das Jobeljahr noch 40 Jahre weg war, dann konnte man nur auf einen Löser, einen GOEL hoffen. Und ein Löser, ein Erlöser, war Ruths einzige Hoffnung.

Auch Noomi hat verstanden, daß Boas ihre einzige Hoffnung ist. Und sie gibt Ruth Anweisungen, was sie tun soll

Ruth 3

  1. Und Noomi, ihre Schwiegermutter, sagte zu ihr: Meine Tochter, sollte ich dir nicht einen Ruheplatz suchen, damit es dir gut geht?
  2. Und nun, ist nicht Boas, mit dessen Mägden du zusammen warst, unser Verwandter? Siehe, heute abend worfelt er auf der Tenne die Gerste.
  3. So bade und salbe dich und leg deine [besten] Kleider an und geh zur Tenne hinab! Laß dich von dem Mann [aber] nicht bemerken, bis er fertig ist mit Essen und Trinken.
  4. Und es soll geschehen, wenn er sich hinlegt, dann merke dir die Stelle, wo er sich hinlegt, und geh hin und decke sein Fußende auf und lege dich hin. Er wird dir dann mitteilen, was du tun sollst.
  5. Und sie sagte zu ihr: Alles, was du sagst, will ich tun.

Auf den ersten Blick klingt das nach einer haarsträubenden Verkupplungsgeschichte. Und dann scheint es so, als ob Ruth dem Boas ihren Körper anbietet, um mit ihr zu schlafen. Aber es ist etwas ganz anderes dahinter. Ruth legt sich also an die Füße des schlafenden Boas, der mitten in der Nacht aufwacht

Ruth 3

  1. Und es geschah um Mitternacht, da schrak der Mann auf und beugte sich vor, siehe, da lag eine Frau an seinem Fußende.
  2. Und er sagte: Wer bist du? Sie sagte: Ich bin Rut, deine Magd. So breite den Saum deines Gewandes über deine Magd aus, denn du bist Löser!
  1. Und nun, meine Tochter, fürchte dich nicht! Alles, was du sagst, werde ich für dich tun, erkennt doch alles Volk im Tor, daß du eine tüchtige Frau bist.

In der Antwort der Ruth steckt der Schlüssel zur Gnade: "Ich bin Rut, deine Magd. So breite den Saum deines Gewandes über deine Magd aus, denn du bist Löser! " Um das zu verstehen müssen wir wissen, welche Bedeutung der Saum eines Gewandes hat, denn das ist schließlich keine Aufforderung unter seine Kutte zu kriechen.

Der Saum des Gewandes

Der Saum des Gewandes bedeutete z.B. im alten Mesopotamien die "Autorität der Persönlichkeit". Ein Mann konnte sich dort von seiner Frau scheiden, wenn er ihren Saum abschnitt. Die Könige hatten keinen Siegelring, sondern der Saum ihres Gewandes wurde in das Tontafel-Dokument gedrückt. (Erinnern wir uns einmal an die Geschichte der blutflüssigen Frau Matthäus 9. Sie berührt den Saum/Quaste von Jesu Gewandes und er stellt es erschrocken fest obwohl eine ganze Menschenmenge um ihn herumdrückt). Wenn Ruth also sagt: "Breite den Saum deines Gewandes über deine Magd", dann heißt das: "Du bist nun der Herr meines Lebens, deine Person ist wichtiger als deine Magd."

Die Antwort des Boas ist interessant: "Alles was du sagst werde ich für dich tun!"

Es spielt keine Rolle wie sehr Boas Ruth geliebt hat. Boas mußte warten bis Ruth kommt und sich ihm anbietet. Auch Jesus vergewaltigt uns nicht. Er wartet bis wir kommen. Dann sagt er "Alles was du sagst, werde ich für dich tun". Boas hat von der Gerstenernte bis zur Weizenernte gewartet - 3 Monate lang. Er hat sich ihr nie angeboten, bis Ruth sagt, "Wirf deinen Saum über mich und nimm deine Verantwortung wahr, als Löser". Jesus wartet auf uns, bis wir sagen: "Breite den Saum deines Gewandes aus über deinem Knecht! Sei Du nun maßgebend in meinem Leben, sei mein Erlöser, kaufe mich frei"

Gott kann uns die Gnade nicht aufzwingen. Er wartet bis wir zu ihm kommen und ihn einladen in unserem Leben zu wirken. Er wartet bis wir sagen: "Wir brauchen deine Erlösung, wir brauchen dich als Erlöser!" Dann können wir durch seine Gnade gerettet werden, weil er uns freikauft, wo wir doch durch das Gesetz verloren wären.

Der zweite Löser

Jetzt wird es seltsam. Boas deutet Ruth an, daß es einen anderen Löser gebe, der ein Vorrecht auf Ruth hat (Ruth 3, 12-13). Er trifft den mysteriösen anderen Löser unter dem Tor mit den Ältesten in einer Art Verhandlung und handelt um Noomi und Ruth.

Ruth 4

  1. Da habe ich nun gedacht, ich will es deinem Ohr eröffnen und vorschlagen: Erwirb es im Beisein derer, die [hier] sitzen, und im Beisein der Ältesten meines Volkes! Wenn du es lösen willst, löse! Wenn du es aber nicht lösen willst, dann teile es mir mit, damit ich es erkenne! Denn außer dir ist niemand zum Lösen da, und ich [komme erst] nach dir. Er sagte: Ich will es lösen.
  2. sagte Boas: An dem Tag, da du das Feld aus der Hand Noomis erwirbst, hast du auch die Moabiterin Rut, die Frau des Verstorbenen, erworben, um den Namen des Verstorbenen auf seinem Erbteil [neu] erstehen zu lassen.
  3. sagte der Löser: Dann kann ich es für mich nicht lösen, sonst richte ich mein eigenes Erbteil zugrunde. Übernimm du für dich meine Lösungspflicht, denn ich kann [wirklich] nicht lösen!

Wer ist der andere Löser, der Noomi lösen will, es aber wegen der moabitischen Ruth nicht tun kann? Wer ist derjenige, der das Vorrecht auf Ruth hat? Wenn Boas ein Typus ist, der auf Jesus hinweist, weist dann der unbekannte Löser ein Typus für den Vater? Auf Gott, der gegen seine eigenen Gebote verstoßen würde, wenn er die heidnische Ruth annehmen würde, was er gerne tun würde? Boas muß den Preis zahlen, Jesus muß am Kreuz sterben! Was nach dem Gesetz unmöglich ist, daß Ruth von Boas geheiratet wird, wird durch Gnade möglich.

Ruth 4

  1. Und der HERR schenkte ihr (Ruth) Schwangerschaft, und sie gebar einen Sohn.
  2. Da sagten die Frauen zu Noomi: Gepriesen sei der HERR, der es dir heute nicht an einem Löser hat fehlen lassen! Sein Name werde gerühmt in Israel!
  1. Und er wird dir ein Erquicker der Seele sein und ein Versorger deines Alters!

Nachdem Ruth dem Boas einen Sohn gebärt wird prophetisch von den Nachkommen der Ruth erzählt. Ein Löser wird kommen. Sein Name wird gerühmt in Israel.

Die heidnische Moabiterin wird Ur-Ur-Oma des größten Königs von Israel, David. Und Ruth ist somit eine direkte Vorfahrin von Jesus, dem Goel, dem Erlöser!

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Cross- File #7: Die erhöhte Schlange bei Mose


Ralpf fürs Habakuk März 1997- Zusammengeklaut aus einer Bibelarbeit von H.P. Royer (Bergführer, Skilehrer) (1996)

letzte Änderung Mai 97 - Michael Stürmer