"Du mußt ein Schwein sein in dieser Welt, gemein sein,.."
Nun ja, die Prinzen
haben wohl gar nicht so sehr unrecht. Wenn man auf dieser Welt gewinnen möchte,
dann muß man hart sein, über Leichen gehen können, dann muß man eben persönliche
Abstriche machen, dann muß man eben ein Schwein sein. Daß der Charakter da ein
paar Einbußen hinnehmen muß ist hinlänglich bekannt, und wenn ich mir da diverse
Großindustrielle, Waffenschieber, Selbständige und Karrieregeile anschaue, dann
scheint es doch so, als ob man nicht schlecht lebt, mit einem gesunden (?)
Egoismus und reduziertem Gewissen! Immerhin habe ich schon zu Schulzeiten einen
Mitschüler sagen hören, daß er sich nun von seiner Freundin getrennt hätte, weil
sie nicht in seine weiteren Pläne gepaßt hatte und er war später tatsächlich
Broker an der Wallstreet!
Wenn man sich das durch den Kopf gehen läßt, dann wird die Jahreslosung zur
Binsenweisheit. Und neu ist die Erkenntnis, daß die Gier nach Reichtum den
Menschen verdirbt auch nicht. Darüber gibt es sogar schöne Märchen, wie die
Erzählung von Wilhelm Hauff
Das kalte Herz
Ein junger Mann, namens Peter, spielt die Hauptrolle in der Erzählung. Der
Köhler-Peter wird er genannt, denn er ist ein armer Köhler im Schwarzwald. Und
dieser Peter hat einen großen Wunsch: Er möchte reich werden. Er möchte endlich
Geld haben. Er ist besessen von diesem Gedanken: Nicht schaffen müssen und
schuften von früh bis spät und dann doch nichts haben. Er möchte das Leben
genießen können, er möchte ein Pferd haben und einen Wagen, er möchte angesehen
sein, wie so ein paar andere auch. Der dicke Ezechiel, der Amtmann, der
Oberförster, solche Leute waren es, die Peter beneidete. Peter merkte bald, daß
er es nicht schaffen würde. Er machte Schulden, er lebte auf großem Fuß, aber das
Elend, die Armut wurde nur immer größer. Schließlich begegnet Peter dem
Holländer-Michel. Und dieser belehrt ihn: Schuld an deiner Armut ist dein Herz.
Dein Herz ist mitleidig. Hunderte von Gulden hast du schon verschenkt mit deinem
guten Herzen. Dein Herz tut weh, wenn man dich einen Schurken nennt. Dein Herz
tut weh, wenn du unrecht tust. Dein Herz ist an allem Schuld. Aber was soll ich
denn tun, fragt Peter in seiner Gier. Und der Holländer-Michel antwortet: Gib mir
Dein Herz. Du bekommst ein Herz aus Stein dafür. Das kommt dir nicht mehr in die
Quere. Und der Holländer-Michel zeigt dem entsetzten Peter seine Geheimkammer:
Das sind sie aufgereiht, die Herzen. Das Herz vom dicken Ezechiel, und vom
Amtmann und vom Oberförster und wie sie alle heißen. 100000 Gulden gebe ich dir
als Anzahlung, verspricht der Holländer-Michel. Und Peter willigt ein. Und er
bekommt, was sein Herz begehrt. Er wird reich, reich und skrupellos. Niemals
verschenkt er mehr an Arme. Niemals mehr ist er barmherzig. Niemals mehr
verzichtet er auf einen Vorteil. Was machts aus, wenn man ihn einen Geizkragen
nennt. Es tut ja nicht weh. Nichts mehr tut weh. Kein Leid rührt ihn, kein
Schmerz. Nichts mehr geht ihm zu Herzen. Und so liegt ihm die ganze Welt zu Füßen
Und auch die Leute, die ihn verachten, öffnen ihm freundlich die Tür. Und er war
ein angesehener Mann. Nichts mehr tat seinem Herzen weh. Aber es gab auch nichts
mehr, das ihn freute. Er bereiste ganz Europa. Aber es ließ ihn kalt. Er sah
großartige Dinge, aber es berührte ihn nicht. Er war nicht mehr traurig, aber er
war auch nicht froh. Und so geht er zum Holländer-Michel und sagt: Gib mir mein
altes Herz wieder. Aber der Michel schüttelt nur mit dem Kopf: Erst wenn du tot
bist, sagt er. Und so wird Peter immer reicher, und immer schlimmer wird es mit
ihm. Das schönste Mädchen des Schwarzwaldes heiratet er, aber im Zorn schlägt er
sie tot. Und seine eigene Mutter behandelt er unbarmherzig und kalt und
rücksichtslos. Er merkt dann wohl daß es so nicht weitergehen kann. Es graust ihm
vor seinem eigenen kalten Herzen aus Stein. Aber wenn er zu Michel kommt, lacht
der ihn bloß aus. Reich und ruhelos ist dieser Köhler-Peter. Er hat die ganze
Welt gewonnen, und doch sich selbst verloren.
Diese Geschichte ist zwar schon alt. Aber dieser Peter ist doch ein moderner
Mensch, nicht in seiner Einfachheit, mit der er in der Erzählung beschrieben ist,
aber er ist ein moderner Mensch mit einem gesunden Lebenshunger. In jedem von uns
steckt dieser Wunsch: Die ganze Welt gewinnen, oder wenigstens ein Teil davon,
oder wenigstens dies oder jenes. Aber gewinnen, gewinnen, das möchten wir alle.
Daß dieses Gewinnen mitunter seinen Preis hat, mußte er sehr bitter erfahren.
Aber um das zu erfahren muß ich nicht Bibellesen, da schaue ich mir einfach die
Menschen an. So einfach sollten wir die Jahreslosung nicht abhaken, zumindest
sollten wir einmal den Kontext gelesen haben, denn im Zusammenhang wird das ganze
viel konkreter und auch fürchterlich unangenehm für uns!
Lukas 9
23 Er sprach aber zu allen: Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er
sich selbst und nehme sein Kreuz auf täglich und folge mir nach.
24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben
verliert um meinetwillen, der wird es retten.
25 Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne,
sich selbst aber verlöre oder einbüßte?
26 Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird der Sohn des
Menschen sich schämen, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und der des
Vaters und der heiligen Engel.
Der Messias-Schock
Wenn wir nun nicht nur den Abschnitt lesen in dem diese Jesus-Worte stehen,
sondern auch den vorigen Abschnitt anschauen, dann wird das ganze noch
interessanter.
Lukas 9
20 Er sprach aber zu ihnen: Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin? Petrus aber
antwortete und sprach: Der Christus Gottes.
21 Er aber redete ihnen ernstlich zu und gebot ihnen, dies niemand zu sagen,
22 und sprach: Der Sohn des Menschen muß vieles leiden und verworfen werden
von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet und am
dritten Tag auferweckt werden.
Die Jünger hatten gerade die ultimative Erfahrung mit Jesus gemacht. Sicherlich,
sie wußten schon, daß er ein Auserwählter Gottes war, vielleicht ein Prophet, wie
Elia einer war, einer von den ganz großen Gottesmännern. Tief im Inneren hatten
sie gehofft und gewünscht, daß er aber viel mehr wäre, daß er derjenige ist, auf
den Israel seit Generationen wartet, der Messias, der Christus. Wow, gerade eben
hat Petrus es offen ausgesprochen und Jesus hat es vor den Jungs bestätigt. Jetzt
war die Katze aus dem Sack. Das heißt, sie würden es mit eigenen Augen sehen, wie
ein Gottesreich errichtet wird, wie die Römer achtkantig aus dem gelobten Land
fliegen, wie die Tyrannei ein Ende hat, wie Jesus zum König ausgerufen wird .....
Doch dann .... Schock!
Was sagt Jesus da: Niemand wird ihn anerkennen, er wird verworfen werden? Er wird
nicht auf den Thron gehen, sondern leiden? Er wird nicht gekrönt, sondern
gekreuzigt?
Es kommt noch schlimmer ...
Und mitten in diesen Schock hinein spricht Jesus die Worte um die Jahreslosung
1997. "Liebe Jünger, ihr denkt, es trifft Euch hart, wenn gerade eben eure Pläne
in Staub zerfallen sind, wenn Eure Vorstellungen sich in Nichts auflösen! Glaubt
mir es kommt noch schlimmer! Ihr werdet mitgehen, ihr werdet leiden! Wenn ihr mir
nachfolgen wollt, dann kommt ihr nicht darum herum! Verleugnet Euch selbst und
nehmt Euer Kreuz täglich auf Euch und folgt mir nach!" Die nachfolgenden Verse
24, 25 und 26 sind Begründungen, warum daß so sein muß, denn jeder Vers beginnt
mit einem "Denn ..." Jesus sagt zu seinen Jüngern, daß sie alles verlieren können
oder alles gewinnen können! Wenn wir versuchen die Welt zu gewinnen, werden wir
alles verlieren. Wenn wir versuchen unser Leben zu retten, werden wir alles
verlieren. Wir werden nicht nur unsere Familie verlieren, das Herz unserer
Kinder, unsere Freunde oder die Zuneigung unserer Mitmenschen, wenn wir die Welt
gewinnen wollen sondern wir werden uns selbst (Matthäus schreibt: unsere Seele)
verlieren.
U not Me
Der Weg, den Jesus uns aufzeigt ist der Weg, den er selber vorausgehen wird! Der
Weg hinunter nach Jerusalem ans Kreuz! Und was Jesus uns anbietet ist durch zwei
Jahrtausende völlig unpopulär geblieben: Selbstverleugung und Leiden! Heute
spricht man viel von Selbstfindung, Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung,
Selbständigkeit und immer kreise ich damit um mich selbst, meine Wünsche, meine
Ziele und meine Vorstellungen. Jesus spricht von Selbstverleugung, denn er möchte
der Weg sein, den wir gehen. Er möchte das Ziel sein, das wir erreichen sollen.
Wenn Er an erster Stelle in unserem Leben steht, dann stehen wir bestenfalls an
Zweiter! Wir rücken nach hinten! Wir verleugnen uns selbst! Nicht mehr ICH zähle,
sondern DU, Jesus! U not Me! Doch welchen Weg geht uns Jesus vor? Es ist der Weg
des Dienens, den Weg der Erniedrigung, den Weg nach unten! Gott wird Mensch, wird
Diener aller und stirbt den Tod der Verfluchten am Kreuz. Unser Weg geht in die
andere Richtung, schließlich wollen wir einmal etwas erreichen im Leben.. Wir
wollen es einmal besser haben. Kaum haben wir die Schulbank verlassen, wollen
wir das bestmögliche erreichen. Mit Ausbildung, Karriere uns einen Wohlstand
schaffen. Das kann eine eigene Wohnung sein, ein Motorrad, ein Computer, der
Traumurlaub oder das ausgefallene Hobby. Jesus spricht davon, das wir alles
verlieren werden, wenn wir versuchen unser Leben zu retten. Wenn man Vers 24 in
seiner Aussage reduziert, und anstatt "Leben" nur "Lebensstandard" einsetzt
klingt es irgendwie konkreter und noch abschreckender: Denn wer seinen
Lebensstandard retten will, wird sein Leben verlieren; wer aber seinen
Lebensstandard verliert um meinetwillen, der wird sein Leben retten. An solchen
Aussagen kommen wir nicht vorbei, wenn wir Jesus ernst nehmen. Aber Jesus
nachzufolgen heißt ja nicht nur Entbehrungen auf sich zu nehmen, sondern er
verspricht auf der anderen Seite auch eine überquellendes Leben, daß aus allen
Nähten platzt (ja Estewan, ich weiß, du kannst das Bild nicht mehr hören, stimmt
aber trotzdem!). Beides ist wahr und biblisch nicht zu trennen:
- Ein geiles Leben, das alles hergibt, was man tief in seinem Inneren
braucht, schenkt einzig und allein Jesus.
- Um dieses Leben zu bekommen muß ich in seine harte Nachfolge treten, und
das kostet mich viel. Der Weg scheint so, als würde ich alles verlieren, aber ich
werde am Ende alles gewinnen.
Wenn ich das kapiert habe, dann wird es aber erst richtig schwierig. Wie kann ich
das tun, mein Kreuz auf mich nehmen und ihm nachfolgen? Jesus spricht hier davon,
es täglich zu tun (V.23). Zum einen heißt das, daß ich es nie erreichen werde.
Ich muß keinen besonderen Heiligungslevel erreichen, ab dem ich dann endgültig
das Kreuz trage. Es gibt keine verschiedenen Clean-Stufen wie bei den
Scientologen. Es ist etwas, daß ich jeden Tag aufs neue tun muß! Täglich eben!
Der Trost ist allerdings, daß ich dann auch jeden Tag neu anfangen kann.. Ich
fliege bei Jesus nicht aus dem Rennen! Und er hat immer versprochen, daß es sich
für uns lohnen wird, schon zu Lebzeiten.
Billy Graham erzählte in einer seiner Predigten die Geschichte eines
italienischen Jongleurs, der in Amerika zu Geld und Ruhm gekommen ist. Als er alt
wird, will er mit allem was er besitzt zurück in seine Heimat Italien. Er
verkauft alles was er hat und kauft dafür einen Diamanten. Auf der Schiffsreise
nach Italien sieht er einen kleinen Jungen mit Orangen an Deck jonglieren.. Bald
führt er selber seine Kunststückchen vor, umringt von den applaudierenden
Passagieren. Dann rennt er in seine Kabine um den Diamanten zu holen. Er wirft
ihn vor dem entsetzten Publikum in die Luft um zu zeigen, wie sicher er in seiner
Kunst ist. Am Ende will er den Diamanten so hoch werfen, daß man ihn nicht mehr
sehen kann. Er wirft ihn hoch, er blinkt in der Sonne, er streckt seine sichere
Hand zum Fangen aus, das Schiff macht eine Schlingerbewegung und der Diamant
rollt über Bord.
Wir lachen über so einen leichtsinnigen Mann, der alles was er besitzt aufs Spiel
setzt, ja das wertvollste was er hat. Jesus sagt hier das gleiche über uns: Wenn
wir so leben, daß wir immer mehr erreichen wollen im Leben, oder auch nur unseren
Lebensstandard halten wollen, dann werden wir das wertvollste verlieren was wir
besitzen, unsere Seele, uns selbst! Wir sind diejenigen die leichtsinnig mit
allem was wir haben jonglieren. Aber er zeigt uns auch einen guten Weg wie wir
das Leben gewinnen können. Wäre das nicht ein tolles Motto für 1997:
Jesus nachfolgen. |
Ihn auf den Thron unseres Lebens setzen. |
Mich selbst verleugnen. |
Täglich das Kreuz auf den Buckel schnallen |
Ralpf fürs Habakuk am 10.1.1997.
HTML by
Bastian Märkisch - letzte Änderung am 14.1.1997