Milch oder feste Nahrung ?

Nach jahrelangem Christsein und/oder Mitarbeiter im Jugendwerk sein ist die "erste Liebe" zu Jesus schon lange passe und es kommt langsam aber sicher unser sogenannter "alter Mensch" wieder zum Vorschein.

Worin sich das äußert? Meine Liebe, Geduld und Freundlichkeit mit meinen Mitmenschen hat allmählich abgenommen und ebenso meine Liebe zu Gott und mein Interesse an ihm. Die Zeit, wo ich regelmäßig gebetet und meine Bibellese samt Bibel gelesen habe, ist schon lange vorbei. Ich beginne und beende meinen Tag immer öfter ohne Gebet, ohne Losung etc., eben ohne geistlichen "Input", ohne ein Gespräch mit Gott. Ich treffe meine Entscheidungen allein, vielleicht noch nachdem ich meine(n) Freund/in um Rat gefragt habe, aber ohne Gott um Rat zu fragen. Allenfalls wenn ich vor einem schwierigen Problem stehe, das ich allein und mit nur menschlichem Rat nicht bewältigen kann, fällt mir Gott wieder ein nach dem Motto von Psalm 50,15.

Findet ihr euch irgendwo wieder? Ich mich schon. Aber oft bemerken oder analysieren wir unsere geistliche Situation auch gar nicht bewusst. Wer bemerkt oder begutachtet denn dann unser (christliches) Leben kritisch? Gott allein oder vielleicht auch manche Menschen, vor allem die weniger "christlich gefärbten" in unserer Umgebung? Bewege ich mich überhaupt in nichtchristlichen Kreisen? Habe ich Freunde, bin ich auch mit Leuten zusammen, die nicht gläubig sind? Wenn ja und wenn diese wissen, daß ich Christ bin, werden sie mein Leben wohl genauer beobachten als das anderer Leute, die nicht den Anspruch haben, Christ zu sein. Trifft das weitverbreitete Urteil auch auf mich zu, daß das Leben eines Christen langweilig und öde ist, daß alles, was Spaß macht verboten ist. Oder kann irgend jemand an meinem leben Freude und Fülle ablesen, die Gott uns versprochen hat und von der wir schon so oft im Habakuk geredet haben?! Ich bin mir da bei meinem Leben gar nicht so sicher, bzw. bin ich mir sicher, daß es um einiges anders aussehen sollte. Aber wie sollen wir von diesem "Leben, das zu den Ohren rausquillt" (O-Ton Ralf) etwas haben, wenn wir immer weniger Verbindung zu Jesus haben? Wir lassen uns nicht von ihm leiten, weder in den kleinen, alltäglichen Dingen des Lebens noch in den großen.

Aber Gott möchte doch, daß wir zu ihm hinwachsen, daß wir allmählich neue Kleider anziehen und den "alten Menschen" ablegen. Seine Absicht für unser Leben ist nicht nur die "Party in der Ewigkeit", sondern auch unser sogenanntes "geistliches Wachstum". Wie sagte Jesus so schön: Wir sollen vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist. Mt 5,48

Worin zeigt sich nun dieses geistliche Wachsen? Zum einen in den Früchten des Glaubens, denen wir früher schon einmal einen Abend im Habakuk gewidmet haben, und zum anderen in der "Erkenntnis", ein hochtrabendes Wort, das hier für das Verständnis von Gottes Wort gebraucht wird.

Was sind denn nochmal die Früchte des Glaubens, die Gott uns schenken möchte? In Galater 5,16 ff ist eine richtige Aufstellung von Eigenschaften, die einerseits das normale Menschsein, die sog. "fleischliche Gesinnung" und andererseits die geistliche Gesinnung beschreiben.

Galater 5
19	Offenbar aber sind die Werke des Fleisches; 
	es sind: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, 
20	Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, 
	Hader, Eifersucht, Zornausbrüche, 
	Selbstsüchteleien, Zwistigkeiten, 
	Parteiungen, 
21	Neidereien, Trinkgelage, Völlereien und 
	dergleichen. Von diesen sage ich euch im 
	voraus, so wie ich vorhersagte, daß die, die so 
	etwas tun, das Reich Gottes nicht erben 
	werden. 
22	Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, 
	Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, 
	Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. 

Was unterscheidet einen Erwachsenen von einem Kind?

ERWACHSENER:

KIND: Viele dieser Eigenschaften eines Kindes treffen auf einen Christen am Anfang seines Glaubensweges zu, z.B. daß ein "Christenbaby" anfangs noch ganz abhängig ist von der Leitung durch andere. Aber Gott will, daß wir mündige, erwachsene Christen werden, die auch einmal ohne fremde Hilfe entscheiden und beurteilen können. Einen Säugling zu sehen, der seine Milch trinkt, ist eine Freude. Aber erschreckend zu sehen ist es, wenn ein Kind sich nicht normal entwickelt, nicht wächst und gedeiht. Wenn es ewig bei der Milch und an der mütterlichen Brust hängenbleibt. Am Anfang braucht ein Christenbaby Milch, leicht verdauliche und bekömmliche Nahrung, die trotzdem alles Lebenswichtige enthält.
1.Petrus 2 
2	und seid wie neugeborene Kinder begierig 
	nach der vernünftigen, unverfälschten Milch 
	- damit ihr durch sie wachset zur Errettung 
Nach einiger Zeit ist es aber dran, daß man von der Milch entwöhnt wird und kräftigere Nahrung zu sich nimmt, sozusagen christliches Vollkornbrot. Und das ist die Bibel, das Wort Gottes in weiten Teilen. Vollkornbrot, an dem man zu beissen hat.
1.Korinther 3
1	Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch 
	reden als zu Geistlichen, sondern als zu 
	Fleischlichen, als zu Unmündigen in 
	Christus. 
2	Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, 
	nicht feste Speise; denn ihr vermochtet es 
	noch nicht. Ihr vermögt es aber auch jetzt 
	noch nicht, 
3	denn ihr seid noch fleischlich. Denn da 
	Eifersucht und Streit unter euch ist: Seid ihr 
	nicht fleischlich und wandelt nach 
	Menschenweise? 

Matthäus 4
4	Er aber antwortete und sprach: Es steht 
	geschrieben: `Nicht von Brot allein soll der 
	Mensch leben, sondern von jedem Wort, das 
	durch den Mund Gottes ausgeht.     

2. Timotheus 3
16	Alle Schrift ist von Gott eingegeben und 
	nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur 
	Zurechtweisung, zur Unterweisung in der 
	Gerechtigkeit, 
17	damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu 
	jedem guten Werk völlig zugerüstet. 
Martin Dreyer, der Gründer der "Jesus- Freaks" bringt in einer Andacht noch weitere Essensvergleiche. Er fragt:
Wie ernährst du dich? Wo bekommst du deine geistliche Nahrung her?
Offenbarung 3 
19	Ich überführe und züchtige alle, die ich 
	liebe. Sei nun eifrig und tu Buße!  

Sprüche 3
12	Denn wen der HERR liebt, den züchtigt er 
	wie ein Vater den Sohn, den er gern hat.
Sie kann, um mit dem anderen Bild weiterzumachen, ein Vollkornbrot sein, das einem schwer im Magen liegt. Aber daran wachsen wir auch, an den Ballaststoffen und Vitaminen, nicht nur am Weißbrot.
Die Frage ist nun: Holst du dir überhaupt geistliche Nahrung? Und wenn ja, wo? Zu welchen geistlichen Ernährungsformen neigst du? Eher zum geistlichen Übergewicht oder eher zur Magersucht?

Vor einigen Wochen sprachen wir schon im Zusammenhang mit Hebr 5,11-6,3ff darüber, daß einige jüdische Gemeinden nicht mehr hören wollten, und daß sie im Glauben nicht weiterkamen, weil sie noch Milch zu sich nahmen, anstatt schon feste Nahrung. Was dann im folgenden als Milch, als Grundlagen des Glaubens beschrieben wird, erstaunt uns sehr:
Hebr 6,1-2

  1. Buße,
  2. Glaube an Gott,
  3. Taufen,
  4. Händeauflegen,
  5. Auferstehung der Toten und
  6. ewiges Gericht.

Das waren also, laut Autor des Hebäerbriefes, die einfachen Dinge des christlichen Glaubens, die jedem Christen klar sein sollten, über die vielleicht auch jeder in der Lage sein sollte, Zeugnis zu geben. Aber das war offensichtlich auch damals schon nicht so. Trotzdem gilt, was in Hebr 5,14 steht, nämlich daß sich die "Vollkommenen", die wir laut Jesus ja sein sollen,

  1. von fester Speise ernähren,
  2. daß ihre Sinne durch den steten Gebrauch geübt sind und
  3. daß sie Gutes vom Bösen unterscheiden können.

Das soll wohl soviel heissen, wie daß wir uns nicht die Zähne auszubeissen brauchen an Bibelstellen, die wir nicht verstehen. Wenn wir regelmäßig Gottes Wort als geistige Nahrung zu uns nehmen (s. Jer 15,16), dann werden wir im Laufe der Zeit manche Bibelstelle verstehen, die uns am Anfang ein Buch mit 7 Siegeln war.

Jeremia 15
16	Fanden sich Worte von dir, dann habe ich 
	sie gegessen, und deine Worte waren mir zur 
	Wonne und zur Freude meines Herzens; 
	denn dein Name ist über mir ausgerufen, 
	HERR, Gott der Heerscharen.  
Aber nicht nur die Erkenntnis wächst, sondern Gott verändert auch allmählich unser Denken, unsere bisherigen Wertvorstellungen und Maßstäbe durch sein Wort. Dann dürfen wir aber nicht vergessen, das Erkannte auch in die Tat umzusetzen.
Jakobus 1 
22	Seid aber Täter des Wortes und nicht allein 
	Hörer, die sich selbst betrügen. 
womit wir wieder bei den Früchten des Glaubens vom Anfang wären.
Gefragt ist einfach, daß wir dranbleiben am Glauben, mehr noch, daß wir wachsen im Vertrauen auf Gott und Jesus und allmählich zu "erwachsenen" Christen werden. Hierzu noch ein Gedicht von A.B.Simpson, das mich sehr angesprochen hat.

FAHR HINAUS

Gottes Gnade ist ein riesiger Ozean,
ein grenzenlos abgrundtiefes Meer:

Komm, fahr hinaus bis man das Ufer
nicht mehr sehen kann

laß dich ein auf Gottes Fülle,
laß das Alte hinter dir.

Aber leider bleiben so viele nur am Ufer stehen
und blicken voll Sehnsucht hinaus aufs weite Meer.
Ihnen fehlt der Mut, seiner Tiefe
auf den Grund zu gehen
oder hinauszusegeln, wo nur Wellen und Wind
um sie her.

Andere wagen sich ein paar Meter weg vom Land,
aber sie schippern nur am Ufer entlang.
Die Brandung und Gischt fegt über den Strand
und ergiesst sich über sie ihr ganzes Leben lang.

Kommt, lasst uns hinausfahren
auf diesen großen Ozean,
wo die Ströme des Heils überfließen;
o, laßt uns die Gnade Gottes erfahr'n
und seinen Reichtum erforschen bis in die Tiefen.


Quellen:
Gedanken vom Aidlinger Bibellesezettel 1/ 97 von Martin Dreyer, dem Gründer der Jesus-Freaks, ein Gedicht von A.B.Simpson aus dem Buch "Wenn Träume sterben" von M.W. Heavilin und ein paar Gedanken von P.Wagner

HTML von Michael und Bastian - letzte Änderung am 23.3.1997