Nun ja, weil ich euch so lange warten liess, bekommt ihr noch heute Nacht den Habakuk Text von morgen Abend! Wir wollen einfach mal ueber den Suppentopf der Landeskirche blicken, was Gottes Bodenpersonal noch so zu bieten hat! Gleich am Anfang die extremsten von allen, die uns aber eine ganze Menge guter Anstoesse geben koennen, die Jesus-Freaks! (Hat mich selber sehr zum Nachdenken gebracht!)
Viel Spaß
\|||/ - - U \_/ RALPF
Langweilige Gottesdienste? Wen hat sowas noch nicht genervt! Aber die Landeskirche ist ja schließlich nicht alles! Vielleicht können wir in den nächsten Monaten immer wieder mal einen Blick über den Suppenteller werfen, was Gottes Bodenpersonal noch so zu bieten hat. Wie gehen wir ran wenn wir andere Gemeinden "besichtigen"? Ich denke wir halten uns einfach an Paulus, der schreibt:
1.Thessalonicher 5 21 Prüft aber alles, das Gute haltet fest! 22 Von aller Art des Bösen haltet euch fern!Die ersten, aufsehenerregendsten und sicherlich abgefahrensten sind die Jesus-Freaks, eine kleine Gemeinde von ca. 250 Christen in Hamburg. Die Freaks sind etwas ganz besonderes, aber das wird schnell klar, wenn man die Geschichte von Martin Dreyer hört, dem Mitbegründer und Pastor der Jesus-Freaks:
"Du Martin, mit Jesus kann man auch mal 'nen Joint rauchen, komm doch mal in den Gottesdienst, da sitzen auch andere fertige Typen rum" |
"Ich habe Jesus über alles geliebt- und ich wollte alles von ihm. Was das kostete, wollte ich bezahlen. Wenn ich als Christ Benetton-Klamotten tragen muß, dann wollte ich halt nur noch Benetton tragen, wenn ich als Christ keine Ohrringe tragen darf, dann nehme ich sie halt heraus. Wenn ich Amy Grant-Scheiben hören muß, dann würde ich versuchen Amy Grant toll zu finden!" |
Als Martin Dreyer eine Mission in Amsterdam besucht, die Rock'n'Roll Bible Studies auf einem Hausboot abhält, erlebt er, daß er als Christ weiter Punks sein kann, in fertigen Klamotten herumlaufen darf, seine Musik hören kann und trotzdem radikal Christ ist.
Also brennt er wieder Löcher in seine Benetton Klamotten, und versucht mit seiner Frau eine Gruppe zu schaffen , wo man experimentieren darf und wo für Leute Platz ist, die nicht in andere Gemeinden passen. Sie verteilen ab und zu mal Flyers und plötzlich spricht es sich herum: Das sind die Freaks! Sie beten um neue Wege Hauskreise zu machen, die superfromme Sprache wieder abzulegen, die man sich angewöhnt hat.
Und dann geht es richtig los: Auf einer Schlicker-Party erzählt einer der Freaks, der sich bekehrt hat:
"Leute, die ganzen Drogen könnt ihr alle vergessen. Ich habe die geilste Droge entdeckt, das ist Jesus und der heilige Geist" |
"Leute, Kokain ist voll Scheiße, ich hab Jesus kennengelernt, der ist viel geiler!" |
Ich glaube, daß besonders die junge Generation mit Informationen, mit Reizen und Botschaften zugebombt ist, so daß du heute niemanden mehr vom Hocker reißt, wenn du dich mit einer Pantomime auf die Straße stelltst. Mit einem Lobpreis auf der Straße ziehst du keine Wurst vom Teller. Du mußt schrill sein, du mußt wirklich laut sein um die Leute aufzuwecken. |
Aber auch bei anderen Dingen gehen die Freaks an die Grenzen des guten Gefühls: Abendmahl mit Chips und Bier, Abhängabende, Abendmahls-liturgie als Trash-Metal gesungen? T-Shirts mit "Jesus-Terror-Force" Aufdruck, denn Terroristen sind begeistert von einer Sache und bereit ihr Leben radikal für diese Sache herzugeben - Die Freaks sind es für Jesus! Der Leitungskreis der Freaks heißt biblisch neuzeitlich: "Die letzten Ärsche". Um eine neue Sprache zu finden, die Menschen heute wirklich verstehen sagt Martin Dreyer:
"Oh, Herr, du bist so mächtiglich, ich bade mich in Deinem Blute" versteht heute keiner. Ich darf als Christ aber auch sagen: "Jesus, du bist mein Held, du bist mein Supermann, laß Deine Muskeln spielen. Ich steh auf Dich!" |
Bewundernswert ist, daß hier nichts verschwiegen wurde, nicht beschönigt und er offen über seine Fehler gesprochen hat. Die Schuld wurde auf den Tisch gebracht, persönlicher Zerbruch und Krisen sind bekannt und vergeben. Aber wie geht es weiter? Am meisten belastet ihn, daß ausgerechnet er die Jesus-Freaks jetzt in die negativen Schlagzeilen gerückt hat. In einem Rundbrief an die inzwischen 20 Jesus-Freak-Gruppen schreibt er: "Ich hoffe ihr seid Jesus, und nicht mir nachgefolgt!" Die Freaks selber haben trotz des harten Rückschlages einen reifen Umgang mit dieser Schuld bewiesen: Kein Rauswurf oder Totalverstoß. Nach einer erfolgreichen Therapie sollte Martin wieder in den Leitungskreis zurückkehren. Heute schreibt Martin Dreyer von seinem Aufstieg und Absturz: Vom phönixhaften Aufstieg der Freaks, vom Rausch des Erfolges für Jesus, von einem Erweckungsfeuer, wie plötzlich vor seinen Augen eine Freundin tödlich verunglückt. Er erzählt von Lobeshymnen in der Presse, einer Auszeichnung als "IDEA-Christ des Jahres". Er erzählt von immer größerem Druck, immer mehr Arbeit, keine freien Tage mehr, Sucht nach Erfolg, seine Zusammenbrüchen, und der Verlockung der Entspannung durch Bier und Ecstasy. Dann der Knall - Das Blatt wendet sich und alle schreiben nur noch vom Versagen der Freaks, Telefone laufen heiß: "Martin Dreyer ist drogenabhängig geworden und lebt jetzt auf dem Hauptbahnhof " andere wissen "das er nun Buddhist geworden ist", "Martin ist nach Amerika geflohen" Martin schreibt: Christen sind die einzige Armee, die auch noch auf Verwundete schießt! Es war ein harter Weg.
Seit April 1996 arbeitet Martin Dreyer wieder voll im Leitungskreis der Jesus-Freaks. Nicht mehr als einsamer Pfarrer, sondern als einer unter gleichen in einem 8-köpfigen Team. Sein Leben hat sich total verändert, er muß sich erst noch daran gewöhnen, aber das ist gut so, sagt er.
Die Freaks haben so etwas wie eine Verfassung, ein Jesus-Freaks-6-Punkte-Programm. Auf ihrer Homepage stellen sie sich selber so dar:
1. Laut und schrill sein:
Die Massenkommunisationssysteme Video, Fernsehen, Plakate, Radio, Magazine lassen
heute eine Vielzahl von Botschaften auf uns einströmen; Kaufe dies, tue das,
glaube jenes. Besonders die Kids sind mittlerweile völlig abgestumpft. Wer
tausende von Morden, Vergewaltigungen und Explosionen in Multicolor gesehen hat,
sowie im Sega Computerspiel Meister im Menschen- und Monstertöten ist, läßt sich
von nichts mehr leicht erschüttern. Jesus hat heftige Bilder benutzt, die die
damalige Gesellschaft zutiefst schockierten. Er sprach mit Prostituierten, aß mit
den verhaßten Sündern und schwang die Peitsche im Gotteshaus. Ich glaube Gott hat
die Jesus-Freaks berufen, schrill und laut, unüberhörbar in ihrer Stadt zu sein.
Wir planen öffentliche Erschießungen, Fernsehtempel, die verbrannt werden, und
anderes, um die Menschen wachzurütteln und ihnen den Weg zu Gott zu zeigen. Es
kostet Mut, schrill und laut zu sein, aber macht auch ungemein Spaß.
2. Neue Dinge ausprobieren
Oft höre ich von Kritikern: "Man muß das Rad nicht neu erfinden. Was vor hundert
Jahren im Reich Gottes funktioniert hat, geht heute auch." Wer das denkt, ist
blind oder arbeitet mit Leuten, die in der Welt vor hundert Jahren leben. Ich
glaube, Gott möchte uns neue Sachen schenken, neue Formen von Gottesdienst, neue
Lobpreislieder, neue Musik, neue Arten zu beten. Gebet war nicht immer gleich.
Mose betete zu Gott mit Opfern, David in Psalmen und Hymnen. Die Kirche erfand
Liturgien, mit deren Hilfe man zu Gott reden konnte. Beten ist weit mehr als
fromme Worte sprechen. Ich möchte kreativ sein, um Gott meine Liebe auszudrücken.
Wir machen Gottesdienst mit Lasershows, Rauchbomben, Diashows, gerapte
Abendmahlsliturgien, Trash-Metal-Lobpreislieder. Man läuft Gefahr, es zu
übertreiben. Das ist mir klar. Doch diese Gefahr sollten wir ruhig wagen.
3. Kopf sein, und nicht Schwanz
Es gibt so eine schein-christliche Mentalität, die ich "falsche Demut" nenne. Die
Christen scheinen vielerorts so starr zu sein, daß sie mit 50-jähriger Verspätung
die Erfindungen der Welt taufen und dann übernehmen. Gott will aber, daß wir "der
Kopf sind und nicht der Schwanz"(5. Mose 28,13). Wir können aufrecht umhergehen,
uns nur mit dem besten zufriedengeben, das es überhaupt gibt. Ein gutes Beispiel
dafür ist die Musik. Vor einigen hundert Jahren war die Orgel das neuste und
spritzigste Instrument, das es überhaupt nur gab, und die Songs von Bach und
Händel waren absolute Spitze in den Charts. Ich bin mir sicher, daß damals viele
Freaks (mit weißen Perücken und langen Roben) nur deshalb in die Kirche gerannt
sind, um diese wahnsinnig neue, geniale Musik zu hören, die Hits der Woche. Doch
heute sind diese Hits out, in den Kirchen werden sie aber immer noch gespielt...
Die richtig neue Musik spielen andere Leute, die Gott nicht kennen, ihn sogar
hassen und verachten. Nun sagen manche Kirchen: "Na prima, bei uns läuft doch
schon lange keine Orgel mehr!" Doch wenn sie genau hinhören, sind die "neuen"
Lobpreislieder bessere (oder schlechtere) Schlager im Stil der 70er und 80er
Jahre, Marke "Karel Gott & Modern Talking". Ich bin überzeugt, daß Gott der
Schöpfer seinen Kindern eine neue Musik schenken will, eine Lobpreismusik, wie
sie die Welt noch nicht kennt, so neu, wie damals die Beatles waren. Eine Musik,
die erst in den Gemeinden läuft und dann von den Michael Jacksons und Madonnas
übernommen wird. Kopf sein und nicht Schwanz! Wir können stolz darauf sein, weil
wir mit dem Captain des Universums befreundet sind. Wie stolz wärst Du, wenn Du
mit dem Bundespräsidenten befreundet wärst oder irgendein Rockstar, der ständig
auf MTV zu sehen ist, Dich seinen besten Freund nennte, oder Albert Einstein Dein
Vater wäre? Du würdest es bestimmt rumerzählen und Dich mit dem so oft wie
möglich sehen lassen. Doch Du bist mit dem zusammen, der Präsident der
Präsidenten ist, der Rockstar der Rockstars, das Genie der Genies, JESUS CHRISTUS
!
4. Raus aus dem Ghetto
Nach meiner Bekehrung mußte ich feststellen, wie schwer es war, meine Freude für
Gott zu gewinnen. Mehr noch: Die Dinge, für die ich stand und eintrat, wurden
nicht akzeptiert und verstanden. Zudem entdeckte ich nach der Anfangsbegeisterung
die Realität des Bösen und seiner Versuchungen. Ich wollte nicht mehr beeinflußt
werden und zog mich deshalb zurück, zurück in das christliche Ghetto. Ich glaube,
vielen geht es so wie mir damals auch. Durch Predigten und Bücher wird uns
schaurig-schön die böse, böse Welt dargestellt, und die einzig logische
Konsequenz darauf ist Rückzug. So verschanzen wir uns in unserer schönen,
christlichen Nächstenliebe-Welt. Wir treffen uns in unseren eigenen Gebäuden,
hören unsere eigene Musik, tragen unsere eigenen Sticker und sprechen sogar
unsere eigene Sprache. Es kommt der Punkt, wo wir die Welt wirklich nicht mehr
verstehen und die Welt uns auch nicht mehr. Hör einmal bewußt die Austauschrunden
einiger Hauskreise mit: "... als ich gestern Abend aus der Lobpreisstunde kam,
hatte ich einfach ein Stück weit eine Offenbarung von dem Blute des Lammes, in
dem wir einfach so baden sollen. Du mußt Dich einfach darauf stellen und
festhalten, sonst wird sich die Verherrlichung..." Was für ein Chinesisch! Wenn
wir das verlorene Schaf finden wollen, müssen wir an Verlorene-Schaf-Orte gehen,
wo sich verlorene Schafe nun mal aufhalten. Wir müssen lernen, die Sprache der
verloren Schafe zu sprechen (falls wir sie schon verlernt haben). Wir müssen uns
für die Nöte der Verlorenen Schafe interessieren und uns manchmal sogar für sie
in den Dreck begeben (Math. 18,12 ff.). Dasselbe hat Jesus für uns auch getan.
Oder können wir erwarten, daß verlorene Schafe pünktlich und gewaschen am
Sonntagmorgen um zehn zu unseren Gottesdiensten kommen, um sich zu bekehren?
5. Bruecke sein
Es gibt in Berlin dutzende von Jugend-Gruppierungen, die sich in ihrer Kleidung,
in Musikgeschmäckern, Sprache, aber auch in Idealen und Zielen grundsätzlich von
anderen unterscheiden. Unsere Herausforderung ist, ihnen auf ihrer Ebene zu
begegnen und ihnen das Evangelium zu übersetzen, damit sie verstehen, wie sehr
Gott an ihnen interessiert ist. Gott sprach zu mir darüber, als ich feststellte,
wie schwer es war, Punks in meine alte Gemeinde zu bringen. Das lag weniger an
der Schwelle des Kreuzes, wo jeder seinen Stolz aufgeben und vor Gott
kapitulieren muß. Es lag an kulturellen Schwellen. Eine ehemalige Prostituierte
sagte einmal zu mir: "In dieser Gemeinde fühl ich mich nicht wohl. Die Leute, die
hier sitzen, sind so meilenweit von meinem Leben entfernt. Wie können sie mich
verstehen?!" Das Ziel einer Jesus-Freak-Gruppe oder Gemeinde sollte sein, diese
Schwelle so niedrig wie irgend möglich zu halten. Das betrifft zum Beispiel auch
das Gebäude. Wir haben eine Kneipe auf der Reeperbahn, in der wir -
vollprofessionell - einen Kneipenbetrieb haben. Viele Nichtchristen kommen, weil
ihnen die Kneipe gefällt, sie sich dort wohlfühlen. Außerdem haben wir den
Musikclub "Marquee", der voll in der Szene steht, wo geile und angesagte Bands
spielen. Keiner der zu uns kommt muß sich davor fürchten, daß gleich eine Frau
mit Dutt ihnen eine Bibel über den Kopf knallt. Doch jeder weiß es: Dies ist eine
Kneipe, ein Musik-Live-Club der Jesus-Freaks. In denselben Räumen finden auch die
Sonntagsgottesdienste statt. Den Nichtchristen fällt es leichter, dorthin zu
kommen, denn sie kennen die Räume ja, fühlen sich relativ zu Hause. Wir müssen
Brücken bauen, um die Verlorenen zu retten.
6. Wir sind eine Gang
Als letzten Punkt will ich kurz etwas zum Gruppengefühl sagen. Vieles bei den
Freaks erinnert mich im positiven Sinn an eine Gang. Wir sind wie eine Familie,
haben unseren Boss. Es ist kein Spiel, sondern Ernst. Nicht jeder kann in die
Gang aufgenommen werden: Mutprobe ist eine Hingabe an Jesus. Uns verbindet ein
Ziel: unseren Ruf, unserer Gebiet zu verteidigen und auszubauen - Gottes Reich
auszuweiten. Wir sind stolz darauf, Teil dieser Gang zu sein, tragen unsere
Gangklamotten und Jesus-Freaks T-Shirts. Das wirkt anziehend auf andere. Man will
gerne dabei sein. Vielleicht wird der Zeitpunkt kommen, wo unter den gängigen
Jugendgruppen im Soziologie-Lehrbuch neben den Punks, den Rappern, den Streetkids
und den Hippies auch die Gruppen der Jesus-Freaks auftauchen, eine Gang, die sich
als Ziel gesetzt hat, ein radikales Leben mit Jesus zu verwirklichen.
Interviews mit Martin Dreyer in
Dran Nr.8/1995,
Dran Nr.1/1996,
Dran Nr.5/1996, und der
Jesus Freaks Homepage:
http://www.JesusFreaks.com